15 . Beispiel für "Familien- und System-Aufstellung als begleiteter Prozess"

Damit Sie sich vorstellen können, wie ein begleiteter Prozess mit der Methode des Familien- und System-Aufstellens abläuft, schildere ich Ihnen dazu ein Beispiel. Die Klientin, um die es geht, ist damit einverstanden und ich nenne sie hier Margrit.

Die Begleitung von Margrit erstreckte sich über einen Zeitraum von einem Jahr und zwei Monaten. In dieser Zeit fand eine Familienaufstellung in der Gruppe statt und danach neun Einzelsitzungen.

Margrit hat sich zu einem meiner Aufstellungs-Seminare angemeldet. Im Vorgespräch erstellen wir zusammen ihren Familienstammbaum. Margrits Anliegen ist es, die Beziehung zu ihren Eltern zu klären. Sie wurde als Kind viel von den Eltern geschlagen und hat sehr darunter gelitten. Immer, wenn sie ihre Eltern besucht, bekommt sie nachher Migräneanfälle.

Margrits Aufstellung findet am ersten der drei Seminartage statt. Sie berichtet uns, dass ihr Vater im Moment todkrank im Spital liegt. Wir stellen zuerst den Vater und die Tochter, also Margrit, auf. Zwischen beiden besteht kein Kontakt. Später kommt noch die Mutter dazu. Wir erfahren verschiedene wichtige Ereignisse aus Margrits Familiensystem und beziehen sie während der Aufstellung mit ein. Im abschliessenden Lösungsbild geht es allen Stellvertretern gut. Die Toten sind im Frieden. Mutter und Vater von Margrit fühlen sich durch ihre Väter im Rücken gestärkt und den drei Kindern, Margrit ist die mittlere, geht es gut.

Am 2. Seminartag berichtet uns Margrit in der Eingangsrunde, dass ihr Vater inzwischen verstorben ist. Sie konnte ihn bis zu seinem Tod begleiten, und er ist friedlich eingeschlafen. Für sie war die Sterbebegleitung ihres Vaters ein sehr tiefgehendes, berührendes Erlebnis. Sie ist mit ihrem Vater in Frieden und fühlt sich in Liebe mit ihm verbunden.

Drei Monate später meldet sich Margrit für eine Einzelsitzung an, um noch vertieft an ihrer Migräne zu arbeiten. Die Beschwerden sind wesentlich besser geworden, die Anfälle weniger häufig und weniger intensiv. Wir arbeiten mit der Methode der Psycho-Kinesiologie und lösen einen weit zurückliegenden unbewussten seelischen Konflikt auf. Der Abschlusstest zeigt, dass beim Denken an den ersten Migräneanfall ihres Lebens der Körper immer noch mit Stress reagiert.

Darum bearbeiten wir zwei Wochen später - wieder mit der Psycho-Kinesiologie - ihre erste Migräne mit drei Jahren und den letzten Migräneanfall. Für beide Situationen finden wir wieder den zugrundeliegenden seelischen Ursprungskonflikt und lösen ihn auf. Danach reagiert der Körper in bezug auf die verschiedenen Migräne-Situationen stressfrei.

Sechs Wochen nach dieser Sitzung berichtet mir Margrit, dass sie erst an diesem Wochenende wieder einen Migräneanfall hatte. Während der regulationsdiagnostischen Untersuchung bei der ersten Migräne-Behandlung hatten wir festgestellt, dass Margrit eine Weizenunverträglichkeit hat. Seitdem hat sie alle Weizen-Produkte streng weggelassen. Ihre Verdauung hat sich sehr verbessert und sie fühlt sich körperlich viel besser. - Heute arbeiten wir mit der Methode des Rollenspiels daran, dass Margrit die Botschaft der Migräne verstehen lernt. Es stellt sich heraus, dass die Migräne ihr dazu verhelfen will, dass sie sich mehr Zeit für sich selber nimmt. Wenn sie Migräne hat, muss sie sich zurückziehen und sich diese Zeit gönnen. Es ist wichtig für Margrit, zu verstehen, dass die Migräne ihr nicht schaden will, sondern im Gegenteil ihr helfen möchte.

In einer weiteren Sitzung drei Monate später - erzählt mir Margrit, dass es ihrem ältesten Sohn, der jetzt 26 Jahre alt ist, sehr schlecht geht. Er hat starke Depressionen und ist selbstmordgefährdet. Seit dem Tod von Margrits Vater vor sechs Monaten hat er den Kontakt zu seiner Mutter vollständig abgebrochen. Ich schlage Margrit vor, dass wir mit Hilfe des Familienstellens im inneren Bild daran arbeiten.
Nach einer kurzen Entspannungsübung bitte ich Margrit, sich folgendes innere Bild vorzustellen: Sie ist Zuschauerin in einem leeren Theatersaal und sieht auf der Bühne Margrit und ihren Sohn voreinander stehen. Die beiden schauen sich an. Margrit beschreibt mir, dass beide sehr traurig aussehen. Es scheint so, dass der Sohn innerlich mit der Mutter kämpft. Ich lasse ihn deshalb im inneren Bild sagen: "Mama, dir zeige ich es jetzt." Die Wirkung dieses Satzes ist: der Sohn wird grösser und die Mutter kleiner. Dann lasse ich den Sohn sagen: "Mama, ich bin nur dein Sohn." Jetzt wird der Sohn kleiner. Ich lasse ihn noch hinzufügen: "Ich bin der Kleine, und du bist die Grosse." Das hat eine wohltuende Wirkung auf beide, wie mir Margrit beschreibt. Der Sohn kann sich jetzt auch vor der Mutter verneigen.
Nun bitte ich Margrit, ihren Platz als Zuschauerin zu verlassen und in ihrem inneren Bild sich auf die Bühne an ihren Platz zu stellen und zu spüren, wie es sich anfühlt, jetzt vor dem Sohn zu stehen. Margrit fühlt sich noch etwas traurig. Ich lasse den Sohn jetzt das "Gebet am Morgen des Lebens sprechen. Jetzt kehrt Licht und Liebe in die Herzen von Mutter und Sohn ein und sie umarmen sich innig. Der Sohn sagt zur Mutter: "Mama, jetzt mache ich was aus meinem Leben. - Mit diesem Ab-schlussbild beende ich die Sitzung und bitte Margrit, dieses Bild am Grund ihrer Seele weiterwirken zu lassen.

Fünf Wochen später berichtet mir Margrit, dass sie in der letzten Woche ihren Sohn besucht hat und dass sie ein ganz normales Gespräch führen konnten. Der Hass des Sohnes auf sie sei völlig verschwunden. Sie konnte ihm erzählen, wie es ihr damals erging, und der Sohn konnte seine Achtung gegenüber der Mutter zum Ausdruck bringen. Margrit wünscht sich heute eine Entspannungs-Fuss-Massage nach Nick Durrer.

Zwei Monate später sucht mich Margrit erneut auf, um an der Beziehung zu ihrem jetzigen Partner zu arbeiten. Auch hier arbeiten wir wieder mit der Methode des Familienstellens im inneren Bild.

In einer weiteren Sitzung berichtet Margrit mir von verschiedenen Träumen. Ich gebe ihr in dieser Sitzung die zweite Fuss-Massage nach Nick Durrer.


Vier Wochen später erzählt Margrit freudestrahlend, dass ihr ältester Sohn von sich aus an Weihnachten zu ihr gekommen sei. Es gehe ihm bestens, er sei nicht mehr depressiv, er nehme keine Medikamente mehr. Er habe seine Stelle verloren, aber das sei für ihn der Anstoss, sich umzuschulen oder zu reisen. Seine Therapie habe er wieder aufgenommen. - Der jüngste Sohn hat seine Berufsabschlussprüfung bestanden.

Mit ihrem Partner sei sie in den Ferien gewesen und habe es so schön gehabt mit ihm wie noch nie zuvor. Sie fühlt sich innerlich locker und frei und muss nicht mehr mit ihm kämpfen. Verschiedene Körpersymptome sind vollkommen verschwunden. Die Migräne bewegt sich in erträglichem Rahmen, taucht allerdings auch nur noch sehr selten auf